Salvete,
diesmal steht der Ausschnitt einer Trostschrift des Seneca zur Diskussion bereit (in Anlehnung an Tacitus).
Ich habe die Consolatio ad Polybium (gekürzt) gewählt, nun zum Text:
Adiciamus, si vis, ad has querellas ipsius adulescentis interceptam inter prima incrementa indolem: dignus fuit ille te fratre. Tu certe eras dignissimus, qui ne ex indigno quidem quicquam doleres fratre: redditur illi testimonium aequale omnium hominum; desideratur in tuum honorem, laudatur in suum. Nihil in illo fuit, quod non libenter agnosceres. Tu quidem etiam minus bono fratri fuisses bonus, sed in illo pietas tua idoneam nacta materiam multo se liberius exercuit. Nemo potentiam eius iniuria sensit, numquam ille te fratrem ulli minatus est; ad exemplum se modestiae tuae formaverat cogitabatque, quantum tu et ornamentum tuorum esses et onus: suffecit ille huic sarcinae. O dura fata et nullis aequa virtutibus! Antequam felicitatem suam nosset frater tuus, exemptus est. Parum autem me indignari scio; nihil est enim difficilius quam magno dolori paria verba reperire. Etiamnunc tamen, si quid proficere possumus, conqueramur: 'quid tibi voluisti, tam iniusta et tam violenta Fortuna? Tam cito te indulgentiae tuae paenituit? Quae ista crudelitas est in medios fratres impetum facere et tam cruenta rapina concordissimam turbam imminuere, tam bene stipatum optimorum adulescentium domum, in nullo fratre degenerantem, turbare et sine ulla causa delibare voluisti!
Übersetzung:
Lass uns zu den Klagen, wenn du willst, die während seiner Wachstumsjahre verlorengegangene Anlage des Jugendlichen selbst hinzufügen. Würdig war er dich zum Bruder zu haben. Du warst sicherlich höchst würdig, nicht einmal infolge eines unwürdigen Bruders Schmerzen zu erleiden: Es wurde ihm von allen Menschen das gleiche Zeugnis ausgestellt ; er wurde zu deiner Ehre vermisst, gelobt wurde er zu seiner. Es gab in ihm nichts, was du ungern wahrgenommen hättest. Du jedenfalls wärest auch einem weniger guten Bruder ein guter gewesen, aber deine Bruderliebe, das den geeigneten Stoff erlangt hatte, übte sich viel uneingeschränkter für ihn. Niemand fühlte seine Macht mit Unrecht, niemals hat er irgendjemandem mit dir als Bruder gedroht; zum Beispiel hatte er sich nach deiner Bescheidenheit gebildet und sich darauf besonnen, wie viel deiner Leute Zierde und Last du wärest: er war zu dieser Belastung imstande. O hartes und keinen Tugenden gerechtes Schicksal! Noch ehe dein Bruder sein Glück erkannte, wurde er beseitigt. Ich weiß aber, dass ich zu wenig betrübt bin; es gibt nämlich nichts schwierigeres als für großen Schmerz passende Worte zu finden. Auch jetzt noch, wenn wir Fortschritte machen können, klagen wir: „Was wolltest du, du so ungerechte und brutale Fortuna? So schnell reut es dich wegen deiner Nachsicht? Welch Grausamkeit, du wolltest zwischen den Brüder einfallen und durch einen so grausamen Raub eine so einträchtige Menge schwächen, ein so gut von vorzüglichsten Jungen umgebenes Haus, keiner erwies sich seiner Brüder unwürdig , aufhetzen und ohne irgendeinen Grund beeinträchtigen!
Interessante Passage.....einerseits hebt er die schlechten Eigenschaften des Bruders hervor, andererseits kondoliert er und verdammt das Schicksal.....Kommentare erwünscht!
Es grüßt,
Latein-Fan