Non vana fides. Ut tumulus poiesis. Elegie von Zythophilus.

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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Willimox » Mi 13. Nov 2019, 15:24

Vor der Aufklärung war die westliche Philosophie weitgehend gleichgültig gegenüber Humor und Komik oder sie war humor-, komik- und lachfeindlich. Plato verbindet Lachen mit dem Verlust der Selbstbeherrschung. Aristoteles sieht eine Art Ungeschicklichkeitsaspekt als Element des Komischen und des Lachens. Der stoische Philosoph Epiktet gilt als einer, der nie gelacht hat.

Es ist nicht so, dass es keine lustigen antiken Philosophen gab. Als er von Platos Darstellung des Menschen als federlosen Zweibeiner hörte, brachte Diogenes, der Zyniker, ein gerupftes Huhn an die Tür der Akademie und verkündete: "Hier ist Platos Mensch". Aber Humor und Komik war in der antiken Philosophie kein wesentliches Thema.

Die komisch-moralische Subversion gegenüber moralischen Autoritäten und die komisch-logische Subversion gegenüber den Normen einer gültigen Inferenz lassen sich recht gut als Erklärungsregister heranziehen, scheint mir.

Intressant wäre dann die Diskussion, carissime Cometes, "wann" man einen Joke als "gut" oder "weniger gut" charakterisieren kann. Deine Formulierung "So gut waren sie auch nicht" kommt recht ambig daher und hat etwas Widerhakig-Ambig-Komisches, scheint mir.

Vale

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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon cometes » Mi 13. Nov 2019, 15:46

Deine Formulierung "So gut waren sie auch nicht" kommt recht ambig daher und hat etwas Ambig-Komisches, scheint mir.



Nichts anderes war ihre Absicht als einen Witz über empfindliche Witzlosigkeit zu machen.
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Willimox » Mi 13. Nov 2019, 15:48

Ich bin hermeneutisch beruhigt.
:chefren:
https://www.youtube.com/watch?v=TWW9q7b_GhQ
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon mystica » Mi 13. Nov 2019, 16:07

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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Willimox » Mi 13. Nov 2019, 16:23

Schon irgendwie komisch...

Die zehnte Stufe der Demut bei Benedikt (immerhin restringiert auf Mönche):
Der Mönch ist nicht leicht und schnell zum Lachen bereit, steht doch geschrieben:
"Der Tor bricht in schallendes Gelächter aus."


In der Stille ihrer Stuben ersannen Kleriker ganze Hierarchien des Lachens.

"Christus spricht zu uns viel von der Trauer und segnet die, die trauern, und spricht die an, die da elend lachen. Denn das hier ist nicht das Theater des Lachens, und wir sind auch nicht aus diesem Grund zusammengekommen, damit wir einer übertriebenen Freude den Zugang öffnen.
Sondern damit wir stöhnen und dadurch ein Königreich erben." (Chriso.)


An der Spitze der Werteskala, da funkelt das gottbeseelte Lächeln, ein Kräuseln der Lippen, das von geistiger Erfülltheit und Erleuchtung kündet. Ganz unten scheppert das abfällige, grobe Lachen der Missgunst und des Neides. Der Engel lächelt verklärt, der Teufel lacht dröhnend Hohn.

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Thrasybulus, Horaz zitierend: O.T.P.Q.M.V.D.
(lächelnd - heiter - melancholisch - lächelnd)
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon mystica » Mi 13. Nov 2019, 19:59

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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Willimox » Mi 13. Nov 2019, 20:29

Nun ja, das Florilegium bestätigt aufs schönste die ekklesiogene Skalierung von Komik, Heiterkeit, Lachen und Regelobservanz.


Diese Anweisungen mögen in ihrem nativen Umfeld Geltung beansprucht haben. Sogar da aber gab es das explosive, erlaubte Lachen. Man denke an karnevaleske Bräuche und an die recht gern zugelassene und partiell erlaubte brachiale Komik kirchlicher Osterspiele in gewissen Episoden.
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Willimox » Mi 13. Nov 2019, 23:07

Nun ja,

das Florilegium Ambrosius, Augustinus, Aquinatus, Chrysostomus
bestätigt aufs schönste die ekklesiogene Skalierung
von Komik, Heiterkeit, Lächeln, feinsinnigem Lachen und eruptivem Lachen samt Regelobservanz.

Kompromisslose Rechtschaffenheit und Frömmigkeit: Die Lauen aber will ich ausspeien aus meinem Munde....

Diese Anweisungen mögen in ihrem nativen Umfeld Geltung beansprucht haben. Sogar da aber gab es das explosive, erlaubte Lachen. Man denke an karnevaleske Bräuche und an die recht gern zugelassene und partiell erlaubte brachiale Komik kirchlicher Osterspiele (risus paschalis) in gewissen Episoden. Außerhalb der mittelalterlich orientierten Kirche können sie kaum Ansprüche erheben, die Anweisungen.

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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Prudentius » Do 14. Nov 2019, 20:23

marcus03 hat geschrieben:Dieser Herr meint, dass es die Welt nicht gibt:


Das wäre ein Missverständnis, Marce, es gibt die Welt, aber als ein Konstrukt der Subjekte; es ist ja bekannt, was wir beim Hören und Sehen wahrnehmen, es sind Nervenreize, die im Gehirn verarbeitet werden.
Die Begriffskategorien, mit denen wir die Außenwelt erschließen, sind alle subjektiv, wie Raum, Zeit, Kausalität, Substanz usw., darüber ist sich die Wissenschaft klargeworden; es gibt keinen objektiven Raum, keine objektive Zeit, nur die Zeit des jeweiligen Beobachters. Ich bringe hier keine Privatmeinung vor, das ist eine Einsicht, die uns aufgedämmert ist; ob uns das gefällt oder nicht, wenn wir redlich sein wollen, müssen wir uns dem stellen.

Diese Problematik ist auch wieder nicht so neu; schon bei Platon werden im Spätdialog Parmenides eine Reihe von Widersprüchen aufgeführt, in die die Annahme von Ideen in seinem Sinne führt; aber er entgegenet nur: mag sein, aber ohne die Ideenannahme kommen wir nicht aus, wenn Wissenschaft möglich sein soll. Sehr viel weiter sind wir heute auch nicht, und die moderne Wissenschaft kommt keineswegs triumphal daher; sie schleppt sich über die Ziellinie, immerhin.

Liebe Mystica, mein Thomaszitat ist echt, er bringt mehrere Formulierungen in diesem Sinne, "objectum secundum modum recipientis recipitur" o.ä., schau mal nach, es gibt ein "Thomas-Lexikon", s.v. recipere.
" ... Adaequatio rei et intellectus", gut, und das adaequare ist eine Aktivität des Subjekts. Über die Wahrheitstheorien wäre allerdings viel zu sagen ....
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon marcus03 » Fr 15. Nov 2019, 10:26

Dialog: Kant erklärt Sophie das "Ding an sich"
KANT: Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik besser fortkommen, wenn wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten.
SOPHIE: Aha! Wenn ich also jetzt die Erde mit dem Menschen gleichsetze und die Sonne mit dem Gegenstand, den ich erkennen will, ja ... dann dreht sich meine Erkenntnis um den Gegenstand.
KANT: Nein, nein. Anders herum, werte Sophie! Der Verstand ist das zentrale Maß aller Erkenntnis. Um das drehen sich die erkannten Gegenstände und zwar so, wie wir sie sehen und nicht wie auch immer sie in Wirklichkeit sein mögen.
SOPHIE: Der Verstand ist die Sonne?
Kant richtet ein altes Spiegelteleskop aus.
KANT: Würden Sie freundlicherweise durch dieses Teleskop blicken? Was sehen Sie?
SOPHIE: Einen Fleck. Einen blass-blauen runden Fleck. Ein leuchtender Stern? Nein, da sind Schatten ... Ah! Ein Planet ... Moment, da sind so Ausbuchtungen, nein das sind Ringe ... Ah, das ist der Saturn!
KANT: Sehen Sie: Die Begriffe Fleck, Stern, Planet, Ringe und auch der Name Saturn hat Ihr Verstand produziert. Das, was Sie als Saturn bezeichnen, hat sich nach Ihrem Verstand gerichtet. Der Saturn an sich hat sich nicht geändert.
SOPHIE: Ist das das berühmte "Ding an sich"?
KANT: Exakt. Wir können über die Gegenstände an sich nichts Sicheres sagen. Sie gehören zu den Dingen an sich, die dem Menschen nie zur Verfügung stehen werden.
SOPHIE: Heißt das, der Mensch kann sie weder mit seinen Sinnen noch mit seiner Vernunft je begreifen?
KANT: Ja. Die Vernunft kann nur das an der Natur erkennen, was sie vorher in sie hineindenkt!


Ob ein angriffslustiger Hund sich auch nach meinem Verstand richtet, der nicht will, dass
er mich beißt? ;-)

Nach welcher Erkenntnis richtet sich die Erkenntnis? :nixweiss:
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon mystica » Fr 15. Nov 2019, 11:52

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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Willimox » Fr 15. Nov 2019, 16:17

Hier - keinesfalls als Abkehr von den Diskussionen über Komik und Konstruktivismus - ein Rückverweis zum Eingangstext, ein Summary der Analyse einer Elegie, die unser Zythophilus neben vielen anderen beeindruckenden Texten geschrieben hat.


Von Zythophilus, Martin Freundorfer, finden sich in diesem Forum und anderswo viele lateinische Poeme, für Poesieliebhaber eine wahre Fundgrube und - man verzeihe die altmodischen Worte - eine Quelle des Entzückens:

https://la.wikipedia.org/wiki/Martinus_Zythophilus
http://othes.univie.ac.at/39779/1/2015- ... 803846.pdf

Eines dieser Gedichte, offensichtlich eine „Gelegenheitsarbeit“ zu den Novembertagen, ist hier in seiner Struktur und in seiner soziokulturellen Einbettung anskizziert.

Die Analyse bietet einen Dreischritt:
(1) Annäherung - "Unsterblichkeiten":
religiöse und saekulare Unsterblichkeitsvorstellungen unserer Kultur.
(2) Makrostruktur und Mikrostruktur der Elegie - "poetische Möglichkeiten":
a) Die Elegie als klageoffenes und als klageübergreifendes Genre,
b) dreiteilige Bild- und Gedankenführung (Memorialkult für Verstorbene, Sterblichkeit des Körpers als obligatorisches Merkmal menschlichen Lebens, „fides“ als Glaube an ein ewiges Leben der Seele.
c) Kipp-Phänomene in der Litotes „non vana fides“.
(3) Kritische Würdigung - "Verbindlichkeiten":
„Aufhebung“ menschlicher Angst vor dem Tod im christlichen Glauben und in der zeitüberdauernden Kommunikationsgesellschaft der Leser.

Schlüsselworte des Textes finden sich für manchen Leser im Syntagma „non vana fides“. Es liefert die christliche Botschaft, die traditionsbeglaubigt dem Gläubigen ein Leben nach dem Tode ohne Leid und in Seligkeit verspricht. Und so ist auch hier im aktuellen Text die verbindlichste Lesart installiert.

Allerdings bietet der Text genau hier – im „Subtext“ sozusagen - auch ein Verstehen „gegen den Strich“. Die Litotes lässt sich nicht nur als positive Bestätigung („keinesfalls leerer und nichtiger Glaube, also zuverlässiger Glaube“) ausmachen. Sie kann auch – bei einiger Überlegung und entsprechender Disposition des Lesers und seiner Kenntnis der komplexen Verneinung - eine eher vorsichtige Behauptung transportieren und erlaubt damit die „skeptische Lesart“, es müsse nicht zwingend ein unzuverlässiger Glaube vorliegen. Oder der Glaube sein kaum (besonders) zuverlässig und belastbar.

Unabhängig davon, welche Betrachtungsweise man bevorzugt: Die Elegie mit ihren drei Distichen und ihrer Wahrnehmung des Gräberkultes verknüpft sich mit einer Unsterblichkeitsstrategie, deren Wirksamkeit der Gläubige wie der Skeptiker kaum bezweifeln wird: Ein Gedicht macht seine Bilder und seinen Texter bis zu einem gewissen Grad unsterblich.

Die Anmerkungen streifen drei moderne Texte und ihren Verzicht auf religiöse Komponenten. Und das Vertrauen auf ernste und komische und genrespielende Patterns (Gernhardt, Brecht, Lindenberg). Eine transhistorische Anmerkung skizziert den Einsatz des Begriffes „Vanitas“ von der Bibel bis in die Neuzeit. Die Anmerkungen sollten imstande sein, die religiöse Lesart von „non vana fides“ in ihrem Facettenreichtum ansatzweise zu beleuchten.

Die Analyse insgesamt versucht ein wenig dafür zu danken, was die Lektüre von Martins Gedichten dem Leser schenkt.

:book:
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Prudentius » So 17. Nov 2019, 17:54

... dass unser tätiger Verstand passiv agiert und sich vom Objekt affizieren lässt und dadurch die Wahrheit erkennt, die nicht etwas von uns im subjektiven Bewusstsein Konstruiertes ist, wie es moderne Interpreten des Konstruktivismus fälschlicherweise immer wieder gerne behaupten…


Liebe Mystica, wir versuchen doch, richtigerweise etwas herausbringen zu können! Es wird ja nicht behauptet, dass unser Verstand willkürlich Gegenstände produzieren kann; nach dem Konstruktivismus kommt ja beim Subjekt ein Imput vom Objekt an, aber dieses Imput ist noch kein Bild des Gegenstandes, sondern besteht aus Messwerten; du kannst es ja z.B. beim Hörtest erkennen, wir nehmen Reize aus einem bestimmten Bereich von Wellenlängen akustischer Luftschwingungen wahr; Worte oder Musik macht erst unser Verarbeitungsapparat daraus, wenn man so sagen kann.

Ich sehe da keinen Widerspruch bei Thomas oder seinem Verhältnis zu den modernen Ansichten, es lässt sich vereinbaren: "Veritas fundamentum in re habet", gut, sagen wir auch, wir fügen aber hinzu, Wahrheit hat auch ein Fundament im Subjekt, indem es ein Bild konstruiert.
"Wahrheit ist Übereinstimmung von Sache und Erkenntnis", die klassische, traditionelle Sicht, gut, einverstanden; aber "Übereinstimmung" ist nicht einfach gegeben, sondern muss vom Subjekt aktiv erbracht werden; kann sein, dass es ein "Übers Knie brechen" sein kann.
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RE: Witze

Beitragvon Zythophilus » Mo 18. Nov 2019, 10:09

Über Johannes Paul, immerhin einen Heiligen der katholischen Kirche, wird die durchaus glaubwürdige Anekdote erzählt: Bei einer Namenstagsfeier des Papstes hat einmal ein alter Prälat einen Witz erzählt, den alle schon kannten. In der Mitte des Abendessens erzählte er den selben Witz noch einmal. Als er am Ende des Abends ansetzte, den Witz ein drittes Mal zu erzählen, hat der Papst so sehr gelacht, er konnte sich kaum halten. So sehr lachen hatte ich ihn zuvor noch nie gesehen. https://www.erzdioezese-wien.at/site/gl ... 36187.html
Als derselbe Karol Wojtyła noch als Erzbischof von Krakau auf seine Liebe zum Skifahren angesprochen wurde, antwortete er, dass die Hälfte der polnischen Kardinäle Ski fahre. Das dürfte ebenfalls ein Witz gewesen sein, denn mit Wojtyła gab es zwei polnische Kardinäle.
Nonnenwitze gehören zu den Witzen über Berufsgruppen, noch dazu solche, denen man eine gewisse moralische Autorität zutraut. So gesehen sind sie den Politikerwitzen ähnlich. Es geht hier nicht darum, andere zu beleidigen, sondern solche Witze dienen als Ventil: Auch die, die Wasser predigen, trinken manchmal Wein. Der Witz über die Schwester Oberin spielt dazu noch mit der Naivität gegenüber allem, was "Laster" betrifft, die man Nonnen zumisst. Der zweite Witz mutmaßt, dass diese Naivität durchaus gespielt sein kann.
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Re: Non vana fides. Zu einer Elegie von Zythophilus.

Beitragvon Willimox » Mo 18. Nov 2019, 12:31

Ja,
über den Facettenreichtum eines komischen Einfalls und die komische Struktur eines Textes die erstaunenswerte Fröhlichkeit unserer mentalen Disposition zu erkunden und zu genießen ist ein erstrebenswertes, ein philologisches Ziel.

Möglicherweise kann man dabei den komischen Genuss zerreden und damit zu Tode bringen. Aber die Möglichkeit zu mehrfachem Genuss wiegt von Fall zu Fall beobachtbar schwerer.

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