von Princeps » Do 5. Jun 2008, 21:06
Natürlich ist Vergil von den kallimacheischen Kunstprinzipien genauso geprägt wie ein Horaz, Catull, Properz oder Tibull. Das ist genau genommen schon ein Lukrez mit seinem Lehrgedicht (siehe Alexandriner/ Hellenisten). Nur Lukrez bedient sich noch stärker der älteren Dichtersprache, bes. Ennius (beim Hexameter unumgänglich). Für Vergil ein Beipiel, 10. Ekloge: Extremum hunc, Arethusa, mihi concede laborem, pauca meo Gallo ... Als letzte Mühe / Arbeit, Arethusa, gewähre mir dies, wenig für meinen Gallus ...
Dichtung - auch / gerade zu Ehren eines Freundes (Dichter Gallus - Vorbild für Ovid u.a.) ist Arbeit, man unterzieht sich der Mühe des Feilens, dem horazischen limae labor; die Eklogen in ihrer Kleinform sowie die Georgica als Lehrgedicht (Kleines Epos, nicht Epyllion Catulls) in der Nachfolge Hesiods (Patron der Kallimacheer in Absetzung von Homer: unerreichbare Spitze >>> also neue Wege gehen zur Kleinform) sind noch stark in der Nachfolge des Kallimachos, künstlerisch gesehen, aber Vergil lässt (in der Forschung manchmal umstritten) schon an der einen oder anderen Stelle durchblicken, dass sein Ziel höher geht: das Epos, das große Werk, das kallimacheischen Anforderungen genügt. Darum schreibt Vergil nur wenig und überarbeitet seine Verse ständig. Er entwirft einen detaillierten Aeneisplan, bevor er sich ans Werk macht. Er wird der römische Homer, er schafft die Großform mit ausgearbeiteten Details, mit Beachtung der künstlerischen Ansprüche. Es wäre leichter gewesen, die Taten des Augustus einfach zu verherrlichen, aber er erweist ihm nur in der Vorausschau die Ehre (eine Handvoll Verse). Die Instanz Kallimachos ist in Rom nicht mehr wegzudenken, aber man findet dennoch den Weg zu römischer Darstellung und das ist zu einem nicht geringen Teil politische Dichtung, so Horaz (Staatsschiff, carmen saeculare), so Properz (bes. 4. Buch), so Vergil. Tibull ist eher Kallimacheer mit ländlicher Sehnsucht (Berührungen mit den Eklogen), Ovid ist einfach später und Kind einer anderen Zeit, aber auch die Metamorphosen sind eine Rückkehr zur Großform mit Ausblick auf Augustus.
Tacitus: Wer sich an Sallust anlehnt - beachte aber das annalistische Prinzip in den Großschriften - hat natürlich in der Gattung Historiographie die eine oder andere Affinität zu Thukydides, ohne dass man dies überstrapazieren sollte. Vor allem - viele Quellen / Vorgänger des Tacitus kennen wir fast nur namentlich, da die Überlieferung nicht mitgespielt hat. Wie sehr ist er ihrem Stil / ihrer schriftstellerischen Art verpflichtet?
Man sehe mir die Länge nach!
Gruß Princeps
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